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Synchronizität und Orakelsysteme
I. Das Geheimnis hinter den Orakeln: Synchronizität
Zu allen Zeiten haben Menschen vor wichtigen Entscheidungen nach Orientierungshilfen gesucht.
Aus der Antike kennen wir das berühmte Orakel von Delphi mit der Priesterin Pythia, die im Zustand der Trance direkten Kontakt zu Apollo gehabt haben soll, und dessen Informationen sie in Form von Orakelsprüchen an die Ratsuchenden übermittelte.
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Überreste vom Tempel des Apollon
in Delphi
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Das Orakel von Delphi
wurde 548 v. Chr. zum dritten Mal aufgebaut, nachdem es zuvor mehrfach durch Brand zerstört worden war.
In der berühmtesten griechischen Orakelstätte soll die Priesterin Pythia in Trance auf einem Dreifuß sitzend ihre Orakel verkündet haben.
Während ihre Zeitgenossen vermuteten, dass sie dabei vom griechischen Gott Apollo inspiriert wurde, ist nach neueren wissenschaftlichen Untersuchungen eine andere Ursache für die Hellsichtigkeit der Pythia wahrscheinlicher. Bodenuntersuchungen auf dem Gelände des Tempels ergaben hohe Ethylen-Werte,denen eine halluzinogene Wirkung nachgesagt wird.
Ähnlich wie einige südamerikanische Schamanen nach der rituellen Einnahme eines Gebräus, das aus der Dschungelliane Ayahuasca gewonnen wird, Reisen durch Raum und Zeit unternehmen, könnte auch die Pythia durch Inhalieren des Gases Ethylen in außergewöhnliche Bewusstseinszustände geraten sein, in denen sie auf visionäre Weise Zugang zu zukünftigen Ereignissen hatte. Jedenfalls lassen zahlreiche hochgestellte Kunden wie etwa der legendäre Krösus vermuten, dass sie bei ihren Zukunftsvorhersagen hohe Trefferquoten aufweisen konnte.
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Die Göttin Themis in der Rolle der Pythia bei der Orakelverkündung
Ihr Name stammt von Python, dem Drachen, den Apollo getötet haben soll. Die letzte Auskunft soll sie im Jahre 382 v. Chr. erteilt haben.
Die Priesterin hatte lediglich die Funktion eines Mediums.
Ihre Visionen wurden von Oberpriestern gedeutet.
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Der altgriechische Philosoph Sokrates bevorzugte dagegen das einfache Hören auf die Innere Stimme, dem Daimonion, auf das wir uns seiner Überzeugung nach immer verlassen können.
Woran aber können wir erkennen, dass es sich wirklich um unsere Innere Stimme handelt und nicht um Einflüsterungen eines Dämonen, der uns in die Irre führen möchte? Die Angst davor hält die meisten Menschen davon ab, sich einer wie auch immer gearteten höheren Führung anzuvertrauen.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass diese Angst unbegründet ist. Wenn wir einem Orakelsystem eine klare Frage stellen, erhalten wir immer eine ebenso klare und richtige Antwort.
Die Erklärung hierfür liegt in dem von C.G. Jung so bezeichneten Synchronizitätsprinzip, dem akausalen aber sinnfälligen Zusammentreffen von Ereignissen. Es handelt sich um "eine psychisch bedingte Relativität von Zeit und Raum" C.G. Jung.
Ein von Jung gern zitiertes Beispiel für Synchronizität ist die Geschichte von Deschamps und Fontgibu:
"Ein M. Deschamps erhielt als Knabe einmal in Orléans ein Stückchen Plumpudding von einem M. de Fontgibu. Zehn Jahre später entdeckte er in einem Pariser Restaurant wieder einen Plumpudding und verlangte ein Stück davon. Es erwies sich aber, dass der Pudding bereits bestellt war und zwar von einem M. de Fontgibu. Viele Jahre später wurde M. Deschamps zu einem Plumpudding als einer besonderen Rarität eingeladen. Beim Essen machte er die Bemerkung, jetzt fehle nur noch M. de Fontgibu. In diesem Moment öffnete sich die Türe, und ein uralter, desorientierter Greis trat herein: M. de Fontgibu, der sich in der Adresse geirrt hatte und fälschlicherweise in diese Gesellschaft geraten war."
aus: C.G. Jung. Synchronizität, Akausalität und Okkultismus, dtv Verlag, München, 1990, S. 19
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Die Karte des Magiers ist die erste im Tarot von Marseille. |
II. Chancen und Risiken einer Orakelbefragung
Jeder von uns kennt solche Synchronizitätsereignisse. Meist tun wir sie als Kuriosität ab und verzichten darauf, nach einer plausiblen Erklärung dafür zu suchen. Ähnliches gilt für das Befragen eines Orakelsystems wie etwa Tarot oder I Ging.
Wir wundern uns darüber, dass die Karte bzw. das Hexagramm auf verblüffende Weise zu der gestellten Frage passt, tun dies aber in der Regel als Zufall ab und gehen der Sache nicht weiter nach. In Wirklichkeit ist jedoch beim Befragen eines Orakelsystems das gleiche Prinzip am Werk, nämlich Synchronizität.
Ein Beispiel aus der Antike verdeutlicht, dass Anfänger und Leichtgläubige bei der Deutung eines Orakels leicht in eine Falle tappen können:
Als König Krösus vor seinem Feldzug gegen die Perser das Orakel von Delphi befragte, erhielt er zur Antwort, dass er ein großes Königreich zerstören werde, wenn er den Fluss Halys überquere. Blind vor Siegeseifer ignorierte er weitere Botschaften des Orakels und musste schließlich die bittere Erfahrung machen, dass sein eigenes Königreich gemeint war.
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Krösus 596 – 546 v. Chr.
Nach der Eroberung riesiger kleinasiatischer Gebiete wurde Krösus durch Kriegsbeute und Tributzahlungen unermesslich reich. Darüber hinaus verfügte er noch über große Goldvorkommen im eigenen Land.
Als letzter König von Lydien führte er Krieg gegen den persischen Großkönig Kyros.
Vor dem Feldzug ließ er das Orakel von Delphi befragen. Pythia prophezeite ihm, er werde ein großes Reich zerstören, wenn er in den Krieg zöge.
Krösus ging davon aus, dass es sich um das Reich seines Gegners handle. Als schließlich sein eigenes Reich zugrunde ging, fühlte er sich vom Orakel betrogen. In Wirklichkeit hatte er es jedoch in seinem Siegeswahn nur falsch interpretiert. Nach seiner Niederlage wurde der reichste Mann seiner Zeit von Kyros als Vasall eingesetzt.
Bild links:
Krösus erhält Tribut durch einen lydischen Bauern.
Gemälde von Claude Vignon aus dem 17. Jahrhundert |
Orakelsysteme sind dann und nur dann hilfreich, wenn wir nichtanhaftend, das heißt, unseren eigenen Willen aufgebend, uns für ihre unbegrenzten und tiefsinnigen Weisheiten öffnen. Ich habe unzählige Male erlebt, wie Menschen in schwierigen Lebenssituationen durch Befragung des Tarot oder I Ging eine Orientierung gefunden haben, die sie mit rationalen Mitteln nicht erreichen konnten.
Allerdings sind mir in meiner Praxis auch Ratsuchende begegnet, die unter einer Orakelmanie litten, die sich darin äußert, dass man fast täglich belanglose Fragen stellt und weder in der Lage ist, das Orakel richtig zu deuten, noch die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen.
Ein solcher Umgang mit Orakeln ist äußerst bedenklich, weil man sie nur dazu benutzt, um sich vor der eigenen Verantwortung zu drücken. Das Resultat ist dann stets mehr Verwirrung und weniger Klarheit.
Wer im Fluss mit dem Ganzen lebt, braucht keine Orakel, da das Tao, wie die alten Chinesen das allumfassende Ganze nannten, sich dem wachen Betrachter jederzeit offenbart. Aber wer kann schon von sich behaupten, immer im Einklang mit dem Tao zu leben?
III. I Ging
Selbst eine so gestandene Persönlichkeit wie C.G. Jung war vom " Buch der Wandlungen", wie das I Ging auch genannt wird, fasziniert und hat es bei wichtigen Entscheidungen seines Lebens befragt.
Und schon vor über 2500 Jahren soll Konfuzius gesagt haben, dass er, hätte er noch ein weiteres Leben zur Verfügung, er es zur Gänze dem I Ging widmen würde.
Ausführliche Informationen zum Thema I Ging finden Sie auf der Seite: I Ging.
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Die Grafik zeigt eines der 64 I Ging-Zeichen.
Es handelt sich um die Nummer 35 Dsin oder ching = Der Fortschritt. In der Übersetzung von Richard Wilhelm heißt es dazu:
"Das Zeichen stellt die Sonne dar, die über die Erde emporsteigt; es ist daher das Bild des raschen, leichten Fortschritts, der gleichzeitig immer weitere Ausdehnung und Klarheit bedeutet."
Jedes Zeichen besteht aus
sechs Linien, einem Hexagramm. Eine durchgezogene Linie steht für Yang, eine unterbrochene für Yin. Daraus ergeben sich 64 Kombinationsmöglichkeiten. Zu jedem Zeichen gibt es einen ausführlichen und sehr tiefgründigen Deutungstext.
Wenn man das I Ging nicht nur als Partyspaß betreiben möchte - wovon ich abrate -, sollte man sich gründlich mit der Philosophie des I Ging beschäftigen, bevor man es als Deutungssystem benutzt. Dann allerdings kann es von unschätzbarem Wert sein.. |
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Konfuzius
chinesischer Philosoph, 551-479 v. Chr.
Konfuzius stammt aus einem alten chinesischen Adelsgeschlecht, wuchs aber in bescheidenen Verhältnissen auf.
Neben Laotse, dem er einmal begegnet sein soll, war er einer der bedeutendsten Philosophen Chinas. Er forderte vom Staat ein sittliches Handeln, das nicht durch Gesetze sondern durch Riten geregelt sein sollte.
Aus seinen Lehren, die überwiegend durch seine Schüler überliefert sind, entwickelte sich später der Konfuzianismus, der unter anderem auf den Prinzipien Yin und Yang basiert.
Konfuzius war ein großer Bewunderer des I Ging. |
Anhang
IV. Ein altes Gleichnis über Synchronizität und Parallelwelten
Harry R. Moody schreibt in seinem Buch Sinnkrisen in der Mitte des Lebens über den Sinn des Lebens und der spirituellen Rückkehr:
"Ich glaube, hier findet sich auch die Antwort auf die Frage, wie lange die Rückkehr dauert: Sie dauert so lange, wie wir brauchen, um die Aufgaben zu vollenden, die uns für dieses Leben gegeben wurden. So gesehen ist die Rückkehr erst dann vollendet, wenn jeder Augenblick unseres Lebens zu einem Zeugnis für das wird, was wir vergessen haben und woran wir uns wieder erinnern müssen - für unsere spirituelle Mission. Es ist eine unendliche Geschichte, deren Mitte überall in unserem Leben und deren Enden im Nirgendwo liegen. Der Sinn hinter diesem Geheimnis kann nur erraten oder, besser noch, in Gleichnissen und Geschichten ausgedrückt werden".
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Narada
ein Wanderer zwischen den Welten
Narada Muni war ein hinduistischer avatara, das heißt ein Abkömmling des höchsten Gottes Vishnu. Wie dieser soll er vollkommenes Wissen über die Seele besitzen.
Er gilt als Wanderer zwischen der materiellen und spirituellen Welt
und soll Vyasadeva - ein Schüler Brahmas - zum Schreiben der "Krishna-Bibel", das heißt der Bhagavadgita, inspiriert haben.
Auch soll Narada das erste Musikinstrument erfunden haben. |
Moody zitiert aus einer alten Hinduschrift ein tiefgründiges Gleichnis:
aus: Harry R. Moody - Sinnkrisen in der Mitte des Lebens, Droemersche Verlagsanstalt, München, 1997, S. 569 ff.
"In einer alten Hindu-Schrift heißt es, daß Gott und ein Weiser namens Narada eines Tages durch eine gewaltige Wüste wandern. Narada fragt Gott: 'O höchster Herr, was ist das Geheimnis des Lebens und der Trugbilder dieser Welt?'
Gott lächelt und schweigt. Sie marschieren weiter.
'Mein Sohn', sagt Gott schließlich, 'die Sonne scheint heute recht heiß, und ich bin durstig. Vor dir befindet sich ein Dorf. Geh hin und hole mir einen Becher Wasser.'
Narada macht sich auf den Weg. Er kommt in das Dorf und klopft an die Tür des ersten Hauses. Eine wunderschöne Frau öffnet die Tür. In dem Augenblick, als Narada in ihre Augen blickt, vergißt er Gottes Befehl und den Grund, warum er in das Dorf gehen sollte. Die Frau bittet Narada in das Haus, wo er von ihrer Familie auf das herzlichste begrüßt wird.
Es ist, als ob jeder in diesem freundlichen Haushalt ihn erwartet hätte. Narada wird eingeladen, mit der Familie zu speisen und die Nacht über zu bleiben. Er nimmt freudig an, genießt die Gastfreundschaft der Familie und bewundert insgeheim die Schönheit der jungen Frau.
Es vergeht eine Woche, dann zwei. Narada beschließt zu bleiben, und schon bald übernimmt er einen Teil der Haushaltspflichten. Nach einem angemessenen Zeitraum bittet er um die Hand der jungen Frau. Die Familie hat nichts anderes erwartet. Alle sind höchst erfreut. Narada und sein junges Weib bleiben im Haus der Familie, wo sie ihm schon bald drei Kinder gebärt, zwei Söhne und eine Tochter.
Jahre vergehen. Die Eltern seiner Frau sterben. Narada wird zum Hausherrn. Er eröffnet einen kleinen Laden im Dorf, der sehr gut läuft. Schon bald ist er ein angesehener Bürger der Gemeinde und ein geachtetes Mitglied des Gemeinderats. Narada geht auf diese Weise in den uralten Freuden und Sorgen des Dorfes auf und lebt viele Jahre in Zufriedenheit.
Eines Abends mitten in der Regenzeit bricht ein gewaltiger Sturm aus, und der Fluß steigt durch die plötzlichen Fluten so sehr an, daß er das Dorf überschwemmt. Narada sammelt seine Familie um sich und führt sie durch die dunkle Nacht auf eine Anhöhe. Aber der Wind bläst mit solcher Gewalt, und die Regenschauer sind so heftig, daß einer von Naradas Söhnen weggerissen wird.
Narada will nach dem Jungen greifen und läßt dabei seinen anderen Sohn los. Kurz darauf reißt ihm ein Windstoß seine Tochter aus den Armen, dann verschwindet auch noch sein geliebtes Weib in der donnernden Dunkelheit. Narada jammert hilflos und richtet seine geballte Faust gegen den Himmel. Aber seine Schreie werden von einer haushohen Welle übertönt, die aus den Tiefen der Nacht aufsteigt und ihn kopfüber in den Fluß stürzt. Ihm wird schwarz vor Augen.
Viele Stunden, vielleicht Tage vergehen. Langsam und unter Schmerzen kommt Narada wieder zu sich. Er muß entdecken, daß er weit flußabwärts auf einer Sandbank gestrandet ist, fast nackt und halbtot. Es ist ein helllichter Tag und der Sturm ist vorüber. Doch nirgends entdeckt er ein Lebenszeichen von seiner Familie oder einem anderen Lebewesen.
Lange Zeit liegt Narada einfach nur auf dem Sand, fast verrückt vor Kummer und Einsamkeit. Trümmer treiben auf dem Fluß an ihm vorüber, und der Wind trägt den Geruch des Todes mit sich. Alles wurde ihm genommen; alle lebensspendenden und kostbaren Dinge sind in den wirbelnden Fluten versunken. Es scheint, daß er nichts tun kann, außer zu weinen.
Plötzlich hört Narada hinter sich eine Stimme, die ihm das Blut in den Adern stocken läßt. 'Mein Kind', fragt diese Stimme, 'wo ist mein Becher Wasser?'
Narada dreht sich um und sieht Gott vor sich stehen. Der Fluß verschwindet, und er ist wieder mit Gott allein in der leeren Wüste. 'Wo ist mein Wasser?' fragt Gott erneut: 'Ich warte jetzt schon mehrere Minuten.'
Narada wirft sich dem Herrn zu Füßen und fleht um Vergebung. 'Ich habe es vergessen!' ruft Narada immer wieder. 'Ich habe vergessen, worum Ihr mich gebeten habt, großer Herr! Vergebt mir!'
Gott lächelt und sagt: 'Verstehst du nun das Geheimnis hinter deinem Leben und den Trugbildern der Welt?' "
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